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Anfrage vom 06.06.2023

Die Verwaltung wird um Auskunft gebeten:

1. Wie positioniert sich die Stadt Waghäusel (evtl. in Verbindung mit den kommunalen Spitzenverbänden) zu dem Gesetzesvorhaben zur "Kommunalen Wärmeplanung", dem damit verbundenen Arbeitsaufwand und den damit verbundenen Eingriffen in die Privatsphäre der Bürger durch die Datensammlung in den einzelnen Haushalten?

2. Welche Einwirkungsmöglichkeiten sieht die Stadt Waghäusel, um die Verabschiedung des Gesetzentwurfs zu verhindern?

3. Sollte das Gesetz in der vorgesehenen Form verabschiedet werden, auf wie hoch werden die Sach- und Personalkosten für Waghäusel eingeschätzt, wenn davon ausgegangen werden muss, dass die Kosten auf die Kommunen abgewälzt werden? Wieviel Personal wird dafür in etwa benötigt werden? Wieviel davon ist zusätzliches Personal?

4. Welche Möglichkeiten sieht die Verwaltung in Zeiten eines erhöhten altersbedingten Ausscheidens der Mitarbeiter und des allgemeinen Personalmangels, diese Aufgabe überhaupt erfüllen zu können?

Sachverhalt/Begründung

Die Länder sollen nach dem Willen der Bundesregierung in den kommenden Jahren Pläne vorlegen, wie die Wärmewende vor Ort umgesetzt werden soll. Für Großstädte sollen diese Wärmepläne bis Ende 2026 fertig sein, kleinere Städte sollen zwei Jahre länger Zeit haben, wie aus einem Gesetzesentwurf (Stand: 3. Mai) der Bundesregierung hervorgeht.

Verantwortlich dafür sollen die Bundesländer sein, die diese Aufgabe jedoch direkt an die Kommunen übertragen können. Sie sollen Angaben machen, wie in konkreten Gebäuden oder Unternehmen geheizt und wie viel Energie verbraucht wird. Konkret sollen etwa möglichst "gebäudescharfe jährliche Endenergieverbräuche leitungsgebundener Energieträger der letzten drei Jahre in Kilowattstunden pro Jahr" erfasst werden, dazu Adresse, Nutzung und Baujahr. Auch zu Wärmenetzen will die Regierung Informationen sammeln – darunter die Auslastung oder Trassenlängen.

Diese staatliche Datensammlung bedeutet einen schwerwiegenden Eingriff in die Privatsphäre der Bürger, nämlich ihre Wohnung. Es ist eine Ungeheuerlichkeit, dass bundesweit die Gepflogenheiten der Bürger erfasst und ausgewertet werden sollen. Dieses Vorgehen ist als verfassungswidrig einzustufen, denn in Artikel 13 des Grundgesetzes steht in Absatz 1 ganz klar: "Die Wohnung ist unverletzlich." Eine staatlich verordnete Energieknappheit ist weder eine in Absatz 7 aufgeführte gemeine Gefahr noch eine dringende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, denn sie könnte durch weitsichtige Energiepolitik (Stichwort: Atomausstieg) vermieden werden. Ein Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung wird dadurch nicht gerechtfertigt.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund mahnte an, der akute Personalmangel der Kommunen könne das Vorhaben gefährden. Bis 2035 werde ein Drittel der Beschäftigten ausscheiden, warnte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg.

Das Vorhaben des Bundes stellt erneut eine Arbeitsübertragung durch den Bund auf die Länder und von dort weiter auf die Kommunen dar. Es ist zu erwarten, dass die Kosten hierfür, wie beispielsweise bei der Migrationspolitik, wieder durch die Kommunen zu tragen sind, auch wenn die Kosten durch Bundesgesetze verursacht werden. Das ist nicht nur wegen dem Grundsatz der Konnexität abzulehnen. Die Städte und Gemeinden haben inzwischen schlicht keinen finanziellen Spielraum mehr.

Unterzeichnet von:
Gerd Gleixner, Ruth Rickersfeld
AfD im Gemeinderat

 

Quelle: z. B. BNN vom 25.05.2025, Titelseite "Zwist um Heizungsgesetz"

 

 Antwort der Verwaltung vom 19.06.2023

Aktuell plant die Bundesregierung ein neues Gesetz zur Umsetzung einer kommunalen Wärmeplanung zur Förderung der bisher vernachlässigten Wärmewende im Rahmender Energiewende.

Das Land Baden-Württemberg hat bereits mit der Novelle des Klimaschutzgesetzes (KSG-BW) im Jahr 2020 die Einführung einer kommunalen Wärmeplanung beschlossen und die großen Kreisstädte im § 7d (KSG-BW 2023 § 27 Abs. 3) verpflichtet, den Regierungspräsidien bis zum 31.12.2023 eine entsprechende Planung vorzulegen.

Der damalige Oberbürgermeister Walter Heiler hat am 5.11.2020 die Umwelt - und Energieagentur Kreis Karlsruhe GmbH mit der Erstellung einer "kommunalen Wärmeplanung" für die Stadt Waghäusel entsprechend den §§ 7c und 7d des KSG-BW (KSG-BW 2023 § 27 Abs.2 u. 3) beauftragt. Die kommunale Wärmeplanung für Waghäusel wurde bereits in der 3. Klimaschutzwerkstatt ausführlich besprochen und soll nun auf der 4. Klimaschutzwerkstatt am 21.06.2923 in der Schlussfassung vorgestellt werden und am 24. Juli 2023 im Gemeinderat beschlossen werden.

Das Land Baden-Württemberg hat als Modellregion die Thematik der kommunalen Wärmeplanung bereits weitgehend umgesetzt, während die Bundesregierung noch den Gesetzestext diskutiert. Auch wenn die Formulierungen des Bundesgesetzes sich im Detail vom KSG-BW unterscheiden werden, wird der Bund die Wärmeplanungen nach dem KSG-BW anerkennen.

ad 1.:
Dass die Stadt Waghäusel der kommunalen Wärmeplanung sehr positiv gegenübersteht, können Sie schon daran erkennen, dass wir in diesem Prozess nach entsprechender Beschlussfassung im Gemeinderat und unter Beteiligung seiner Mitglieder bereits eingestiegen sind. Die Wärmeplanung stellt eine wichtige Datengrundlage für die Planung der zukünftigen Wärmeversorgung in Waghäusel dar.

Zur Zerstreuung Ihrer Bedenken zum Datenschutz habe ich in der Anlage einen entsprechenden Auszug aus dem Handlungsleitfaden des Landes Baden-Württemberg zur kommunalen Wärmeplanung beigefügt

ad2.:
Die Stadt Waghäusel wird und kann keine Schritte gegen die Verabschiedung des Gesetzes zur kommunalen Wärmeplanung des Bundes unternehmen.

ad3.:
Die Stadt Waghäusel erhält vom Land Baden-Württemberg entsprechend § 7e, Abs. 4 (KSG-BW 2023 § 34) eine kostendeckende Förderung für die Erstellung der Wärmeplanung, die zudem bereits weit fortgeschritten ist. Durch die Beteiligung und weitere Unterstützung durch die UEA ist und bleibt der Mehraufwand für die Stadt Waghäusel überschaubar.

ad4.:
Da die Wärmeplanung für Waghäusel nach dem KSG-BW bereits am 27.7.2023 im Gemeinderat beschlossen werden soll, ist diese Fragestellung irrelevant.

 

Angaben zum Datenschutz

Ein kommunaler Wärmeplan kann nur auf Basis einer umfassenden Datengrundlage erstellt werden.

Selbst wenn keine Informationen wie Namen oder Eigentumsverhältnisse übermittelt und verarbeitet werden, sind die zur Wärmeplanung notwendigen, gebäudescharfen Informationen, also Informationen die sich nur auf ein einzelnes Gebäude beziehen, den personenbezogenen Daten zuzuordnen. Im Umgang mit  diesen Daten besteht für alle handelnden Akteure eine besondere Sorgfaltspflicht.

Die Regelungen im Paragraph 7e des Klimaschutzgesetzes Baden-Württemberg schaffen die nach allgemeinem Datenschutzrecht erforderliche Rechtsgrundlage für die Datenübermittlung, legen fest welche Daten zum Zweck der Wärmeplanung übermittelt werden dürfen und wie damit zu verfahren ist.

UMFANG DER DATENERHEBUNGSERMÄCHTIGUNG

Grundsätzlich dürfen nur Daten erhoben und übermittelt werden, die zur Erstellung eines kommunalen Wärmeplans erforderlich sind. Außerdem beschränkt sich die Pflicht zur Datenübermittlung nur auf solche Informationen, die bei den angefragten natürlichen und juristischen Personen bereits vorhanden sind (§ 7e Abs. 1 S. 1 KSG BW).

Energieunternehmen, also die Betreiber von Wärme, Gas- und Stromnetzen sind gemäß § 7e Abs. 2 S. 1 KSG BW verpflichtet, auf Anfrage folgende zähler- oder gebäudescharfe Angaben zur Verfügung zu stellen:
• Energieträger (Gas- oder Wärmelieferung)
• Energieverbrauch
• sofern vorhanden Stromverbrauch für Wärmepumpen und Direktheizungen

Außerdem haben die Netzbetreiber folgende Informationen bezüglich der Wärme-, Gas- und Stromversorgungsnetze zur Verfügung zu stellen:
• Alter
• verbleibende geplante Nutzungsdauer
• Lage
• Leitungslänge
• Temperaturniveau
• Wärmeleistung und jährliche Wärmemenge

Stellen die übermittelten Informationen Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse dar, sind diese entsprechend zu kennzeichnen (§ 7e Abs. 1 S. 2 KSG BW).

Öffentliche Stellen, insbesondere die Bezirksschornsteinfeger, sind gemäß § 7e Abs. 2 S. 2 KSG BW zur Übermittlung folgender Informationen verpflichtet:
• Art, Nennwärmeleistung und Alter von Anlagen zur Wärmeerzeugung
• Brennstoff
• Betriebsweise
• Standort und Zuweisung zur Abgasanlage

Es dürfen nur solche Daten angefordert werden, die im elektronischen Kehrbuch erfasst werden müssen (§ 7e Abs. 2 S. 3 KSG BW).

Gewerbe- und Industriebetriebe und die öffentliche Hand (kommunale und Landeseinrichtungen) sind gemäß § 7e Abs. 3 KSG BW verpflichtet den Gemeinden folgende Informationen über ihre eigenen Liegenschaften zu übermitteln:
• Endenergieverbrauch
• Wärmeenergieverbrauch oder –bedarf
• Art der Wärmeenergiebedarfsdeckung
• Anteil eingesetzter erneuerbarer Energien
• Abwärmemenge

Oftmals liegen innerhalb der Kommunalverwaltung Informationen vor, die für die Wärmeplanung notwendig sind, aber für einen anderen Zweck erhoben wurden. Auch diese Informationen dürfen auf Grundlage des § 7e, Absatz 4 Klimaschutzgesetz erhoben und verwendet werden. Dabei handelt es sich insbesondere um Angaben zum Baualter von Gebäuden, Sanierungstätigkeiten, Wohnflächen und gegebenenfalls zur Heizungsstruktur.

UMGANG MIT DEN ERHOBENEN INFORMATIONEN, § 7E ABS. 5 KSG BW

Die vorangehend genannten Informationen dürfen ausschließlich zum Zweck der Wärmeplanung erhoben und verwendet werden (Zweckbindung). Die Weitergabe der erhobenen Informationen an nicht mit der Wärmeplanung befasste Dienststellen, kommunale Unternehmen oder andere juristische oder natürliche Personen darf nicht erfolgen. Einzige Ausnahme stellen Unternehmen dar, die von der jeweiligen Gemeinde mit der Erstellung des Wärmeplans beauftragt werden. Dies können wiederum auch Eigenbetriebe oder kommunale Unternehmen sein. Zwingende Voraussetzung dafür ist jedoch der Abschluss eines Vertrags zur Auftragsverarbeitung nach Artikel 28 Absatz 3 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Sobald die Erstellung des kommunalen Wärmeplans abgeschlossen ist, müssen die zu diesem Zweck erhobenen Einzeldaten wieder gelöscht werden.

Sobald personenbezogene Daten zum Zweck der kommunalen Wärmeplanung erhoben werden, müssen die betroffenen Personen darüber informiert werden. Da eine Information aller einzelnen betroffenen Personen aufgrund deren Vielzahl nicht durchführbar ist, kann diese Information auch durch ortsübliche  Bekanntmachungen erfolgen (lokale Presse, Amtsblatt, Homepage der Stadtverwaltung) (§ 7e Abs. 6 KSG BW).

VERÖFFENTLICHUNG UND AGGREGATION,

§ 7d Abs. 3 KSG BW

Es dürfen keine personenbezogenen Daten oder Daten die Rückschlüsse auf Einzelpersonen oder Einzelunternehmen ermöglichen, veröffentlicht werden. Gleichwohl müssen ausreichend aussagekräftige Wärmepläne veröffentlicht werden, die Auskunft darüber geben, wo innerhalb des Stadtgebiets relevante Wärmequellen- und Senken vorliegen.

Um diese Veröffentlichung möglich zu machen, sind jeweils mindestens fünf Einzelgebäude zu einer Gebäudegruppe zusammenzufassen. Unabhängig davon, ob es sich dabei um Wohn- oder Nichtwohngebäude handelt. Die Zuordnung zu einzelnen Gruppen sollte dabei anhand räumlicher Kriterien (wie die Position zueinander), Gebäudeeigenschaften (beispielsweise Denkmalschutzstatus) oder ähnlichem erfolgen. Die Vorgabe, dass mindestens fünf Gebäude zu einer Gruppe zusammenzufassen sind, stellt dabei eine Mindestvorgabe dar. Die Zusammenfassung zu größeren Einheiten kann für den Zweck der Veröffentlichung eines Wärmeplans ausreichend sein.

Mit Informationen zur Versorgungsinfrastruktur muss ebenfalls mit einer erhöhten Vorsicht umgegangen werden. Diese Informationen dürfen nicht veröffentlicht werden. Eine flächige Einfärbung der jeweiligen Versorgungsgebiete ist beispielsweise ausreichend, um die Bürgerinnen und Bürger darüber zu informieren, ob und wo beispielsweise ein Wärme- oder Gasnetz vorhanden ist.

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